Gemeinsam gegen den Fachkräftemangel
AWO und „Paula“ starten Kooperation
Mit einer außergewöhnlichen Kooperation sagen AWO Bremerhaven und die Paula-Modersohn-Schule dem Fachkräftemangel den Kampf an: Der Wohlfahrtsverband und die „Paula“ bieten gemeinsam einen Wahlpflicht-Kurs (WP-Kurs) an, der sich an der Ausbildung zur Pflegefachhilfe ausrichtet. Ziel des Kurses ist es, Jugendliche für eine Berufsausbildung in Bereichen der Alten- und Gesundheitspflege zu motivieren. Dazu sollen sie intensive Einblicke in die entsprechende Arbeitswelt und notwendige Kenntnisse erhalten.
Eine klassische Win-Win-Situation: „Wir können den Schülerinnen und Schülern nicht nur lebensechte Einblicke in den Beruf, sondern auch eine Perspektive über die Schulzeit hinaus bieten“, sagt Schulleiter Dr. Joachim Wolff. Heike Bülken, Fachbereichsleitung Pflege bei der AWO ergänzt: „Uns bietet sich die Chance, den jungen Menschen zu zeigen, wie verantwortungsvoll und erfüllend die Arbeit in einem Pflegeberuf ist - und sie für dieses Berufsfeld begeistern.“
AWO-Kreisvorsitzender Dr. Uwe Lissau verweist auf den allgegenwärtigen Fachkräftemangel gerade in der Pflege und anderen sozialen Berufen: „Der Pioniergeist, der in diesem Projekt steckt, ist lobenswert und zeigt uns, wie es funktionieren kann, die Fachkräfte-Krise zu überwinden: ideenreich, unbürokratisch und voller Tatkraft.“ Die Erfahrungen aus dieser Kooperation könnten Vorbild sein auch für andere Berufsfelder in Handwerk, Industrie und Verwaltung sowie auch für andere Schulformen. Für Stadtrat Michael Frost, Dezernent für Schule, zeigt die Zusammenarbeit von AWO und „Paula“: „Die enge Verzahnung von Schule und Berufswelt muss nicht zwingend nur von landesweit tätigen Expertengruppen weiterentwickelt werden. Wir haben hier ein sehr gutes Beispiel dafür, was entstehen kann, wenn Akteure in Bremerhaven in Eigeninitiative passgenaue, lokale Projekte entwickeln. Politik und Verwaltung können und sollten dann beraten, unterstützen und – wenn möglich – finanziell fördern.“ Neue und auch unerprobte Wege seien notwendig, um junge Menschen für soziale Berufe zu gewinnen, so Frost. Sonst sei perspektivisch die Versorgung in Bremerhaven und in ganz Deutschland, wie wir sie heute kennen, gefährdet.
Der WP-Kurs ist altersgemischt und geht über drei Jahre. Die „Paula“ stellt nach dem schulintern üblichen Verfahren eine Gruppe von 16 bis 20 Schülerinnen und Schülern zusammen. Diese Gruppe besteht aus jeweils etwa zur Hälfte aus Jugendlichen im Lernjahr 4 (8. Schulbesuchsjahr) und Jugendlichen im Lernjahr 5 (9. Schulbesuchsjahr). In jedem Jahr gehen 8 bis 10 Schülerinnen und Schüler aus dem Kurs, 8 bis 10 kommen neu hinzu. Im ersten Jahr (Schuljahr 2023/24) werden ein Teil der Jugendlichen (Lernjahr 5) nur ein Jahr an dem Kurs teilnehmen können.
Die „Paula“ stellt für diesen WP-Kurs eine Lehrkraft zur Verfügung, die für die pädagogische Begleitung der Schülerinnen und Schüler zuständig ist. Die AWO sorgt durch eigene Mitarbeitende für die Vermittlung der fachlichen Inhalte.
Die AWO bietet allen Schülerinnen und Schülern, die erfolgreich diesen WP-Kurs durchlaufen an, ihre Praktika in Einrichtungen der AWO zu absolvieren. Dazu zählen einerseits die beiden 14-tägigen Praktika in Lernjahr 5 (9. Schulbesuchsjahr) und 6 (10. Schulbesuchsjahr), die in der Regel im März stattfinden. Dazu zählt andererseits das Jahresbetriebspraktikum (JBP). Das JBP findet regelmäßig mittwochs (ganztägig) ein Schuljahr lang an den Schultagen statt.
Die Arbeitszeit während der Praktika richtet sich natürlich nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz und den Regularien für Praktika, in der Regel 8 Stunden pro Tag. Die AWO bietet erfolgreichen Absolventinnen und Absolventen des Jahresbetriebspraktikums eine Übernahme in die Berufsausbildung in der Ursula-Kaltenstein-Akademie für Gesundheit und Pflege der AWO an. Schulleiterin Rebekka Riss war maßgeblich an der Projektentwicklung beteiligt.
Perspektivisch soll so ein WP-Kurs „Generalistische Gesundheitspflege mit teilintegrierter Berufsausbildung“ entstehen. Nach einer Phase der Erprobung (maximal 2 Jahre) wollen AWO und „Paula“ das erforderliche Praxiswissen aufgebaut haben, um unter Einbeziehung der Ursula-Kaltenstein-Akademie gemeinsam die Anerkennung von Ausbildungsinhalten auf eine zukünftige Berufsausbildung in diesem Bereich zu erhalten.
Die Kooperation ist zunächst als Pilotprojekt über drei Jahre geplant. Bei erfolgreicher Durchführung wird die kontinuierliche Fortführung angestrebt.